[070316-01]
In Abstimmung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales teilt das Bundesministerium der Finanzen durch pdf Schreiben (1.12 MB) vom 12.11.2015 (AZ: III A 6 - SV 3000/15/10105) mit, dass bei der berufsmäßigen Beförderung von behinderten Schülerinnen und Schülern regelmäßig auch sogenannte Leerfahrten mit dem Mindestlohn zu vergüten sein dürften. Dies gilt sowohl für den Fahrzeugführer als auch für etwaige Begleitpersonen. Tritt der Fahrer seinen Dienst bestimmungsgemäß von seinem Wohnort aus an, dürfte auch die Fahrt zum ersten Schulkind und vom letzten Schulkind zurück zu der mit dem Mindestlohn zu vergütenden Arbeitszeit zählen. Der Inhalt der vertraglichen Vereinbarung über die Arbeitszeit sei insofern mindestlohnrechtlich unerheblich.
Der gesetzliche Mindestlohn stellt eine unterste Lohngrenze dar, die zum Schutz der Arbeitnehmer nicht unterschritten werden darf. Das Mindestlohngesetz regelt nicht explizit, welche Zeitanteile mit dem Mindestlohn zu vergüten sind. Nach allgemeinem arbeitsrechtlichen Verständnis, das mangels anderer Anhaltspunkte auch für die Anwendung des Mindestlohngesetzes heranzuziehen ist, gelten für die Behandlung von Wegzeiten folgende Grundsätze:
Soweit die Fahrzeit bei objektiver Betrachtung der vertraglich geschuldeten Hauptleistung zuzuordnen und damit mindestlohnpflichtig ist, sind abweichende Vereinbarungen über die Arbeitszeit mindestlohnrechtlich unbeachtlich. Solche Abreden können allein das vertragliche Austauschverhältnis, nicht aber den gesetzlichen Mindestlohnanspruch erfassen.
Das Ministerium bittet darum, diese Rechtsauffassung bei anstehenden Prüf- und Ermittlungsverfahren bundesweit zugrunde zu legen.
Die Unternehmen, die bislang der Meinung waren, dass lediglich die Besetztstrecke mindestlohnpflichtig ist und Leerfahrten nicht zu honorieren sind, werden vor diesem Hintergrund mit drastischen Problemen rechnen dürfen.
Verstöße gegen die vorgenannten Grundsätze stellen Straftaten dar. Es handelt sich um Beitrags- und Steuerhinterziehung. Zudem stellen sie nach Mindestlohngesetz Ordnungswidrigkeiten dar, die mit hohen Geldbußen belegt sind. Hohe Bußgelder und Verurteilungen ziehen automatisch Eintragungen in das Gewerbezentralregister nach sich, die zum Ausschluss von Ausschreibungen führen. Zudem kommt es zwangsläufig zu Nachforderungen bezüglich Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen sowie entsprechenden Nachforderungen der Mitarbeiter bezüglich der Lohnzahlungen. Die Zollverwaltung führt aktuell Prüfungen und Ermittlungen speziell im Bereich der Schüler- und Behindertenbeförderungen durch. Sie orientiert sich dabei am Inhalt des Schreibens des Ministeriums.
Für alle Fragen In diesem Zusammenhang stehen jedem die Rechtsauskunfts- und Beratungsstellen der Zollverwaltung zur Verfügung.
Wir empfehlen allen betroffenen Unternehmen dringend, sich an die vorgenannten Grundsätze zu halten und die Thematik auch mit ihren Steuerberaterinnen/Steuerberatern zu erörtern.
Verwenden Sie diese Artikel insbesondere auch bei Verhandlungen mit den Landratsämtern für eine sachgerechte Vergütung Ihrer Leistungen!